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Die quantitative Erfassung von VOC-Belastungen in der Raumluft stellt eine analytische
Herausforderung dar, da im allgemeinen angestrebt wird, eine weitgehend repräsentative
Aussage über den Status der Luftschadstoffe mittels einer Messung zu erzielen. In der
DIN EN ISO 16000-5:2007-05, die die Probenahmestrategie zur Erfassung flüchtiger
organischer Verbindungen in der Innenraumluft beschreibt, werden im informativen
Anhang 68 Substanzen als Beispiele für im Innenraum vorkommende Substanzen
genannt. Üblicherweise werden mittlerweile in VOC-Untersuchungen jedoch oft bis zu
200 Substanzen und mehr erfasst.
Im 1. Foschungsvorhaben der AGÖF wurden 300
Einzelstoffe und Stoffgemische im Innenraum erfasst und statistische Kennwerte aus den
erhaltenen Messerergebnissen gebildet (Hofmann und Plieninger, 2008). Die üblicherweise
nachgewiesenen Substanzen stammen dabei aus unterschiedlichsten chemischen
Verbindungsklassen wie etwa den Aromaten, Alkanen, Estern, Ethern, ein- und mehrwertigen
Alkoholen, Terpenen, halogenierten Kohlenwasserstoffen, Aldehyden, Ketonen
und sonstigen Verbindungen. Moderne niedrige Richtwerte machen hierbei zumindest
teilweise die Erfassung der Substanzkonzentrationen im Bereich weniger μg/m³
erforderlich. Die bei üblichen Innenraumuntersuchungen erhaltenen Analysenwerte
dienen der Bewertung von Beschwerden über Gesundheitsbeeinträchtigungen oder
Geruchsbelastungen. Auch können mit den VOC-Ergebnissen Freigaben zur Nutzung
von Gebäuden nach deren Errichtung oder auch zu weiteren Anlässen abgesichert
werden.
Als Konsequenzen bei hohen Belastungen können sich Nutzungsaussetzungen von
Räumen oder aber sogar bauliche Maßnahmen zur Reduktion der Belastungen ergeben.
Die Anforderung an die Richtigkeit der Analyseergebnisse sind daher hoch. Zur Absicherung
der Richtigkeit der VOC-Untersuchungen hat die Arbeitsgemeinschaft
analytischer Forschungsinstitute (AGÖF) in den vergangenen Jahren bereits drei
Laborvergleiche durchgeführt (in den Jahren 2004, 2006 und 2007, vergleiche Köhler,
2005 und Köhler et.al. 2007). Hier werden nun die Ergebnisse des vierten, 2009 durchgeführten
Laborvergleichs vorgestellt.
Wie bereits bei den vorangegangenen Laborvergleichen wurde auch 2009 für die Durchführung
eine praxisnahe Situation gewählt. In einem großeren Tagungsraum (in einem
Passivhaus) wurde durch Zudotierung von Substanzen zu dem bereits vorhandenen
Innenraumspektrum eine zu beprobende Innenraumluft vorbereitet. Folgende Substanzen
wurden hierbei zudotiert: Heptan, 1-Hepten, Ethylbenzol, Naphthalin, Phenol, 1-
Butanol, N-Methylpryrrolidon, Decamethylcyclopentasiloxan (D5), 1,2-Propylenglykolmonomethylether
(EGMB), 2,2,4-Trimethylpentan-1,3-dioldiisobutyrat (TXIB), Propylenglykolmonomethyletheracetat
(PGMMA), Acetophenon, 2-Butenal (cis/trans-Gemisch) und 1,1,1-Trichlorethan. Die Innenraumluft
des Testraums wurde durch die Teilnehmer des Laborabgleichs mittels der ihnen geeignet
erscheinenden Probenahmesysteme beprobt.
Obwohl Thermodesorptionsverfahren entsprechend
DIN ISO 16000-6: 26 2004-12 und das Verfahren zur Bestimmung von Aldehyden nach DIN ISO 16000-3:
2002-08 (heute ersetzt durch die DIN ISO 16000-3:2010-03) bei den Teilnehmern
dominierend vertreten waren, wurden auch andere analytische Verfahren eingesetzt
(vergleiche Tabelle 1). Insgesamt wurden Luftproben durch 14 Teilnehmer entnommen.
Die entnommenen Proben wurden an 8 verschiedenen Laboren zur Untersuchung
gesandt (bei einer fehlenden Angabe zum beauftragten Labor). Mehrere Teilnehmer
führten Doppelbeprobungen teilweise mit unterschiedlichen Analyseverfahren durch, die
als unabhängige Messergebnisse eingegangen sind. Insgesamt ergaben sich hieraus 41
Datensätze. Ausgewertet wurden nur Angaben zu Substanzen bei denen mindestens 10
Datensätze von mindestens 3 Laboren vorlagen. Die weiteren Details zum Vorgehen der
Durchführung und Auswertung des Laborvergleichs entsprechen denen, die bei Köhler,
2007 veröffentlicht wurden.
Analytisches Verfahren | Anzahl Datensätze |
---|---|
Analytisches Verfahren | Anzahl Datensätze |
Thermodesorptionsverfahren nach DIN ISO 16000-6 | 14 |
Formaldehyd und andere Carbonyle nach DIN ISO 16000-3 | 15 |
Aktivkohlebasierte Verfahren mit Lösemitteldesorption | 9 |
Formaldehyd mit Pararosanillinverfahren | 1 |
Formaldehyd mit Chromotoropsäureverfahren | 1 |
Adsorption an Silicagel mit Lösemitteldesorption | 1 |
In der nachfolgenden Tabelle 2 werden die Ergebnisse der Laborvergleichsuntersuchung dargestellt.
Anzahl | Mittelwert | Stdabw | rel. Stdabw. | Anzahl | eliminierte Ausreißer |
|
---|---|---|---|---|---|---|
Verbindung | Datensätze | [μg/m³] | [μg/m³] | [%] | Labore | [μg/m³] |
n-Heptan* | 20 | 1,79 | 0,64 | 35,95 | 6 | |
1-Hepten* | 10 | 0,79 | 0,14 | 18,34 | 1 | |
Toluol | 21 | 4,05 | 2,27 | 56,07 | ||
Ethylbenzol* | 20 | 1,12 | 0,55 | 48,74 | 6 | |
1,2,4-Trimethylbenzol | 21 | 6,40 | 2,55 | 39,86 | 6 | |
Naphthalin* | 20 | 1,85 | 0,63 | 34,17 | 5 | |
Styrol | 10 | 0,88 | 0,18 | 20,61 | 3 | |
Phenol* | 14 | 2,63 | 0,55 | 20,81 | 4 | |
1,1,1-Trichlorethan* | 11 | 0,55 | 0,16 | 29,97 | 2 | |
1-Butanol* | 19 | 21,59 | 8,47 | 39,23 | 5 | |
2-Ethyl-1-Hexanol | 17 | 3,74 | 1,60 | 42,76 | 6 | 15 |
a-Pinen | 21 | 3,74 | 1,32 | 35,26 | 6 | |
Formaldehyd (Methanal) | 17 | 21,38 | 5,62 | 26,28 | 6 | |
Acetaldehyd (Ethanal) | 15 | 14,10 | 3,00 | 21,30 | 4 | |
n-Pentanal | 30 | 5,40 | 1,50 | 27,71 | 7 | |
n-Hexanal | 32 | 13,34 | 4,11 | 30,81 | 7 | |
n-Nonanal | 27 | 9,73 | 5,85 | 60,12 | 7 | 57 |
n-Decanal | 16 | 5,92 | 2,44 | 41,19 | 5 | 59 |
Benzaldehyd | 24 | 3,68 | 2,14 | 58,33 | 6 | 19,32 |
2-Butenal (cis/trans Gemisch)* | 14 | 1,54 | 0,57 | 36,82 | 3 | |
Acetophenon* | 25 | 3,77 | 1,66 | 43,91 | 7 | |
Propanon (Aceton) | 19 | 52,46 | 14,59 | 27,81 | 5 | |
Methacrylsäuremethylester | 16 | 1,42 | 0,46 | 32,64 | 4 | 7,9 |
Propylenglykolmonomethyletheracetat (PGMMA)* | 18 | 4,07 | 1,26 | 30,87 | 5 | |
2,2,4-Trimethyl-1,3-pentandioldiisobutyrat(TXIB)* | 18 | 3,37 | 1,10 | 32,79 | 6 | |
1,2-Propylenglykol (1,2-PG) | 14 | 71,21 | 30,94 | 43,45 | 4 | |
Ethylenglykolmonobutylether(EGMB)* | 17 | 4,78 | 2,18 | 45,57 | 4 | |
1,2-Propylenglykolmonomethylether(1,2-PGMM) | 15 | 8,26 | 3,83 | 46,31 | 4 | |
Hexamethylcyclotrisiloxan (D3) | 12 | 2,58 | 1,47 | 57,22 | 4 | 69,130,160,280 |
Octamethylcyclotetrasiloxan (D4) | 17 | 5,23 | 2,94 | 56,31 | 5 | 20 |
Decamethylcyclopentasiloxan(D5)* | 17 | 4,48 | 1,58 | 35,23 | 4 | |
N-Methyl-Pyrrolidon* | 14 | 2,28 | 1,46 | 64,23 | 5 |
* Zudotierte Substanzen; Stabw. = Standardabweichung
Die durch die AGÖF von 2004 bis 2007 durchgeführten Laborvergleiche geben ein gutes
Bild des Standes der Zuverlässigkeit der VOC-Untersuchungen in Innenräumen. Hiernach
kann für eine überwiegende Anzahl von geprüften Substanzen eine befriedigende
Zuverlässigkeit unterhalb einer relativen Standardabweichung von 30% (bei Substanzen
im Konzentrationsbereich über 10 μg/m³) bzw. 50 % (Konzentrationsbereich von 1 μg/m³
bis 10 μg/m³) erreicht werden, teilweise sogar bei Anwendung unterschiedlicher
Analyseverfahren (vgl. Tabelle 3). Die analytische Zuverlässigkeit der Untersuchungen
kann hier auf einem gleichbleibenden Niveau seit 2004 dokumentiert werden.
2004 | 2006 | 2007 | 2009 | |
---|---|---|---|---|
Anzahl der Substanzen mit guter analytischer Zuverlässigkeit | 31 70,5% |
38 70,4% |
50 92,6% |
23 71,9% |
Anzahl der Substanzen mit unzureichender analytischer Zuverlässigkeit | 13 29,5% |
16 29,6% |
4 7,4% |
9 28,1% |
Summe ausgewertete Substanzen | 100% |
54 100% |
54 100% |
32 100% |
Eine zuverlässige Analytik ist gegeben wenn bei einem Mittelwert von weniger als 10 μg/m³ eine rel. Standardabweichung von 50% , und bei einem Mittelwert von mehr als 10 μg/m³ eine Standardabweichung von 30% unterschritten werden. |
So wird beispielsweise auch für Naphthalin – das nur im unteren μg/m³ Bereich zudotiert
wurde – eine relative geringe Standarbabweichung von ca. 34% ermittelt. Diese
Unsicherheit muss bei der Überprüfung der Richtwerte für Naphthalin – der RW I liegt
mit 2 μg/m³ in diesem Bereich (Sagunski und Heger, 2004) – bedacht werden, wenn der
Naphthalingehalt entsprechend der Vorgaben der DIN ISO 16000-6 ermittelt wird.
Oppl (2008) beschreibt Erfahrungen im Hinblick auf die Wiederholbarkeit von Emissionsuntersuchungen
in Prüfkammern, bei denen ebenfalls VOC-Untersuchungsmethoden
zum Einsatz kommen. Zur Überprüfung der Zuverlässigkeit wurden hier eine Reihe
von Laborabgleichen und Ringversuchen durchgeführt. Die Wiederholbarkeit von Prüfergebnissen
unterschiedlicher Prüflabors beträgt hierbei 50% (rel. Standardabweichung
um den Mittelwert). Verbesserungen der Vergleichbarkeit ist durch eine Optimierung
der Verfahrensschritte zu erreichen, eine Vergleichbarkeit von 30 % der Teilnehmer
erscheine nicht mehr unrealistisch, sei aber noch nicht erreicht. In Anbetracht der
höheren Komplexität der hier gewählten Prüfsituation in einem realen Raum ist das
Ergebnis des Laborvergleichs der CGÖF insofern als befriedigend anzusehen.
In dem von der AGÖF initiierten Laborabgleich wird allerdings für einzelne Substanzen
die angestrebte analytische Zuverlässigkeit noch immer nicht erreicht. Im Vergleich der
letzten drei Laborvergleiche zeigen hier Toluol, verschiedene höhere Aldehyde
(Hexanal, Nonanal) und Siloxane (D3, D4) immer wieder höhere Abweichungen als
erwünscht auf. Weitere Anstrengungen zur Steigerung der analytischer Zuverlässigkeit
sind hier sinnvoll.
DIN ISO 16000-3 (2002-08): Messen von Formaldehyd und anderen Cabonylverbindungen
– Probenahme mit einer Pumpe
DIN EN ISO 16000-5 (2007-05): Probenahmestrategie für flüchtige organische Verbindungen
DIN ISO 16000-6 (2004-12): Bestimmung von VOC in der Innenraumluft und in Prüfkammern,
Probenahme auf TENAX TA, thermische Desorption und Gaschromatografie mit MS/FID
Hofmann H, Plieninger P (2008): Bereitstellung einer Datenbank zum Vorkommen von
flüchtigen organischen Verbindungen in der Raumluft. Arbeitsgemeinschaft Ökologischer
Forschungsinstitute (AGÖF) e.V., Springe-Eldagsen. Umweltbundesamt (Hrsg.),
Berlin. Unter http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-I/3633.pdf
Köhler M (2005): Laborvergleich der AGÖF "Flüchtige organische Verbindungen im
Innenraum Juni 2004". Umwelt & Gesundheit 4 Seite 133 - 135
Köhler M, Fangmeyer Th, Marchl D, Braun P, Plieninger P, Weis N (2007): Ergebnisse
des 2. Und 3. Laborvergleichs der AGÖF "Flüchtige organische Verbindungen" 2006
und 2007. IN Umwelt, Gebäude und Gesundheit, AGÖF – 8-Fachkongress 2007, Seite 28-34
Oppl R (2008): Reliability of VOC emission chamber testing – progress and remaining
challenges. Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft 68 Seite 83-86
Sagunski H, Heger W (2004): Richtwerte für die Innenraumluft: Naphthalin. Bundesgesundheitsblatt
47 Seite 705-712
© AGÖF / Entnommen: Michael Köhler, Heidrun Hofmann, Ulrike Siemers, Norbert Weis
Ergebnisse des 4. Laborvergleichs "Flüchtige organische Verbindungen" 2009 der AGÖF
aus: Umwelt, Gebäude & Gesundheit: Schadstoffe, Gerüche, Sanierung
Reader zum 9. Fachkongresses AGÖF-Fachkongress, September 2010