• Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute - AGÖF

    Stellungnahme der AGÖF zur Richtlinie VDI 6202-3 - Asbest

    VDI-Richtlinie 6202-3 - Schadstoffbelastete bauliche und technische Anlagen, Asbest – Erkundung und Bewertung

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    Veröffentlicht: endgültige Version des AGÖF-Leitfadens

    Hausstaubuntersuchungen auf chemische Parameter" (SVOC, Schwermetalle, POM)

AGÖF - das Innenraumkompetenzzentrum

Phenole und Kresole


Foto geklebter Kunststofffussboden Viele Phenole und Kresole wirken fungizid und bakterizid. Sie werden daher als Wirkstoffe in Desinfektionsmitteln wie Sagrotan oder Wofasept und zur Konservierung z.B. von Leim, Klebstoffen und Tinten eingesetzt. Mit Siedepunkten von 200 °C und darüber (4-Chlor-m-kresol: Sdp. 235°; 3-Chlor-p-kresol: Sdp. 228°; 6-Chlor-m-kresol: Sdp. 196°) gehören viele dieser Wirkstoffe zu den mittel- bis schwerflüchtigen Substanzen, die über längere Zeiträume hinweg ausgasen können.

Auch zur Herstellung von Kunststoffen und wasserfesten Bindemitteln werden Phenole verwendet. Vor allem manche mit Phenolharzen gebundene Spanplatten können in Innenräumen eine Quelle für Phenole darstellen.

Bodenbelagskleber auf der Basis von phenolhaltigen Klebstoffen waren vor allem in der DDR in den 50er und 60er Jahren gebräuchlich. Besonders beim Entfernen alter Bodenbeläge kommt es immer wieder zu massiven Geruchsbelästigungen durch ausgasende Phenole. In einer Studie1 wurden in mehreren Ostberliner Altbauten Raumluftmessungen und Untersuchungen der Bausubstanz auf Phenole durchgeführt. Anlass waren Beschwerden der Nutzer und der am Bau Beteiligten über Geruchsbelästigungen, Kopfschmerzen und Übelkeit. Mit den durchgeführten Untersuchungen konnten die bauseitigen Ursachen für den Fehlgeruch ermittelt werden. Als Hauptursache wurde ein auf Phenolharzbasis hergestellter Kleber ermittelt werden. Der Einsatz phenolhaltiger Grundierungen sowie Desinfektionsmittel zur Flächenreinigung wurden ebenfalls als Quelle in Betracht gezogen. Die Belastung von Bodenbelägen, Ausgleichsschichten und Estrichen wurde auf eine Sekundärkontamination durch die Verwendung phenolhaltiger Kleber bzw. Desinfektionsmittel zurückgeführt.

Bodenbeläge aus einem Gemisch von Holzschnitzeln und mineralischem Bindemittel - sog. Steinholzestrich - können nach neueren Erkenntnissen ebenfalls eine Quelle für geruchsintensive Phenole in der Raumluft darstellen. Das Holz in Steinholzestrich kann geringe Mengen an Phenolverbindungen enthalten. Phenol selbst ist im Holz jedoch nicht enthalten, sondern entsteht durch Dehydrierung und Spaltung aus hydroaromatischen Verbindungen. Durch äußere Einflüsse (Feuchtigkeit, pH-Wert) kann dieser Prozess beschleunigt und Phenol vermehrt aus den Holzschnitzeln freigesetzt werden.

Teeröle werden durch Erhitzen von Steinkohle oder Holz unter Luftabschluss erzeugt. Dabei entstehen neben anderen giftigen und krebserzeugenden Substanzen (vor allem PAK's) auch große Mengen an Phenolen und Kresolen. Die biozide Wirkung dieser Substanzen macht Teeröle zu wirksamen Holzschutzmitteln ("Carbolineum"). Der Einsatz von Teerölen im Innenraum war, insbesondere wegen des starken Eigengeruches, eher die Ausnahme und ist seit 1991 generell untersagt2. Trotzdem gibt es immer wieder Fälle, bei denen Konstruktionshölzer z.B. in Dachgeschossen einer Teerölbehandlung unterzogen wurden, die aufgrund des Geruches unschwer zu identifizieren sind.

Eine eher ungewöhnliche Quelle für Phenol und Kresole in Innenräumen entdeckten wir vor einigen Jahren bei der Suche nach der Ursache einer massiven Geruchsbelastung. In einem ehemals gewerblich genutzten Gebäude, in dem nach Angaben der Eigentümer früher Kunststoffschläuche aus PVC produziert wurden, roch es nach dem Umbau zu Büroräumen intensiv nach Phenol. Die Herkunft des Geruchs konnte im Deckenaufbau lokalisiert werden. Die Deckensteine waren gesättigt mit einer klebrigen Flüssigkeit, die Phenol und Kresole in hohen Konzentrationen enthielt. Es handelte sich offensichtlich um eine durch die frühere Nutzung verursachte Chemikalien - Kontamination.

Viele Phenole und Kresole sind bereits in Konzentrationen von wenigen Mikrogramm pro Kubikmeter Luft geruchlich wahrnehmbar. Der unangenehme Geruch ist daher meist Anlass für Nachforschungen und Messungen. Der Annahme, die Warnwirkung des Geruchs setze bei so niedrigen Phenol - Konzentrationen ein, dass gesundheitliche Auswirkungen auszuschließen sind, muss jedoch deutlich widersprochen werden. Phenol und viele Kresole gelten als krebserzeugend und bewirken somit immer ein von der Konzentration abhängiges zusätzliches Krebsrisiko.

Als Anzeichen chronischer Vergiftung werden Hustenreiz, Kopfschmerz, Brechreiz, Appetitverlust, Mattigkeit und Schlaflosigkeit genannt. Wie bei anderen Innenraum-Schadstoffen handelt es sich dabei aber um recht unspezifische Symptome, für die eine Vielzahl von möglichen Ursachen denkbar sind.

Phenol sowie viele Kresole werden sehr schnell über die Haut aufgenommen. Beim direkten Hautkontakt z.B. mit teerölhaltigen Holzschutzmitteln besteht daher die Gefahr resorptiver Vergiftungen mit Nierenschäden und zentralnervösen Störungen wie Krämpfen, Bewusstlosigkeit und Atemlähmung.

Untersuchungsmethoden


Luftanalytik: Die Analyse von Phenolen und Kresolen wird nach DIN ISO 16000-6 durchgeführt. Die Probenahme erfolgt auf Sammelröhrchen, die mit dem Adsorptionsmittel TENAX TA gefüllt sind. Diese Röhrchen werden in speziellen Transportbehältern zusammen mit einer detaillierten Probenahmeanleitung von ALAB bezogen. Die Röhrchen werden mit 2 Liter Luft bei einem Volumenstrom von ca. 100 ml/min beladen. Die Analyse erfolgt nach thermischer Desorption gaschromatographisch mit massenselektivem Detektor. Bestimmungsgrenze: 0,5 µg/m3 (bei einem Probenahmevolumen von 2 Litern).

Materialanalytik: Materialproben werden zur Untersuchung auf Phenole und Kresole in einem kleinen Prüfraum bei 60°C zwei Stunden lang im Reingasstrom extrahiert. Der beladene Extraktionsgasstrom wird durch ein TENAX TA-Sammelröhrchen geleitet. Der weitere Analysengang entspricht der Luftanalytik.

Fussnoten:

1Kirchner D., Pernak P.: Phenole als Ursache für den Fehlgeruch in öffentlichen Gebäuden; Umweltmedizin in Forschung und Praxis 9 (1) 13-19 (2004)
2Chemikalienverbots-Verordnung, Anhang Abschnitt 17: Teeröle; Stand Juli 2003

© AGÖF / Verfasser: Peter Braun / ALAB / Internet: www.alab-berlin.de
Stand: August 2016