Viele Phenole und Kresole wirken fungizid und bakterizid. Sie werden daher
als Wirkstoffe in Desinfektionsmitteln wie Sagrotan oder Wofasept und zur
Konservierung z.B. von Leim, Klebstoffen und Tinten eingesetzt. Mit Siedepunkten
von 200 °C und darüber (4-Chlor-m-kresol: Sdp. 235°; 3-Chlor-p-kresol:
Sdp. 228°; 6-Chlor-m-kresol: Sdp. 196°) gehören viele dieser Wirkstoffe zu
den mittel- bis schwerflüchtigen Substanzen, die über längere Zeiträume hinweg
ausgasen können.
Auch zur Herstellung von Kunststoffen und wasserfesten Bindemitteln werden
Phenole verwendet. Vor allem manche mit Phenolharzen gebundene Spanplatten
können in Innenräumen eine Quelle für Phenole darstellen.
Bodenbelagskleber auf der Basis von phenolhaltigen Klebstoffen waren vor allem
in der DDR in den 50er und 60er Jahren gebräuchlich. Besonders beim Entfernen
alter Bodenbeläge kommt es immer wieder zu massiven Geruchsbelästigungen durch
ausgasende Phenole. In einer Studie1 wurden in mehreren Ostberliner Altbauten
Raumluftmessungen und Untersuchungen der Bausubstanz auf Phenole durchgeführt.
Anlass waren Beschwerden der Nutzer und der am Bau Beteiligten über Geruchsbelästigungen,
Kopfschmerzen und Übelkeit. Mit den durchgeführten Untersuchungen konnten die
bauseitigen Ursachen für den Fehlgeruch ermittelt werden. Als Hauptursache wurde
ein auf Phenolharzbasis hergestellter Kleber ermittelt werden. Der Einsatz
phenolhaltiger Grundierungen sowie Desinfektionsmittel zur Flächenreinigung wurden
ebenfalls als Quelle in Betracht gezogen. Die Belastung von Bodenbelägen,
Ausgleichsschichten und Estrichen wurde auf eine Sekundärkontamination durch die
Verwendung phenolhaltiger Kleber bzw. Desinfektionsmittel zurückgeführt.
Bodenbeläge aus einem Gemisch von Holzschnitzeln und mineralischem Bindemittel -
sog. Steinholzestrich - können nach neueren Erkenntnissen ebenfalls eine Quelle
für geruchsintensive Phenole in der Raumluft darstellen. Das Holz in
Steinholzestrich kann geringe Mengen an Phenolverbindungen enthalten. Phenol
selbst ist im Holz jedoch nicht enthalten, sondern entsteht durch Dehydrierung
und Spaltung aus hydroaromatischen Verbindungen. Durch äußere Einflüsse
(Feuchtigkeit, pH-Wert) kann dieser Prozess beschleunigt und Phenol vermehrt
aus den Holzschnitzeln freigesetzt werden.
Teeröle werden durch Erhitzen von Steinkohle oder Holz unter Luftabschluss
erzeugt. Dabei entstehen neben anderen giftigen und krebserzeugenden Substanzen
(vor allem PAK's) auch große Mengen an Phenolen und Kresolen. Die biozide
Wirkung dieser Substanzen macht Teeröle zu wirksamen Holzschutzmitteln ("Carbolineum").
Der Einsatz von Teerölen im Innenraum war, insbesondere wegen des starken Eigengeruches,
eher die Ausnahme und ist seit 1991 generell untersagt2. Trotzdem gibt
es immer wieder Fälle, bei denen Konstruktionshölzer z.B. in Dachgeschossen einer
Teerölbehandlung unterzogen wurden, die aufgrund des Geruches unschwer zu identifizieren sind.
Eine eher ungewöhnliche Quelle für Phenol und Kresole in Innenräumen entdeckten
wir vor einigen Jahren bei der Suche nach der Ursache einer massiven
Geruchsbelastung. In einem ehemals gewerblich genutzten Gebäude, in dem nach
Angaben der Eigentümer früher Kunststoffschläuche aus PVC produziert wurden,
roch es nach dem Umbau zu Büroräumen intensiv nach Phenol. Die Herkunft des
Geruchs konnte im Deckenaufbau lokalisiert werden. Die Deckensteine waren
gesättigt mit einer klebrigen Flüssigkeit, die Phenol und Kresole in hohen
Konzentrationen enthielt. Es handelte sich offensichtlich um eine durch die
frühere Nutzung verursachte Chemikalien - Kontamination.
Viele Phenole und Kresole sind bereits in Konzentrationen von wenigen Mikrogramm
pro Kubikmeter Luft geruchlich wahrnehmbar. Der unangenehme Geruch ist daher
meist Anlass für Nachforschungen und Messungen. Der Annahme, die Warnwirkung
des Geruchs setze bei so niedrigen Phenol - Konzentrationen ein, dass
gesundheitliche Auswirkungen auszuschließen sind, muss jedoch deutlich
widersprochen werden. Phenol und viele Kresole gelten als krebserzeugend und
bewirken somit immer ein von der Konzentration abhängiges zusätzliches
Krebsrisiko.
Als Anzeichen chronischer Vergiftung werden Hustenreiz, Kopfschmerz, Brechreiz,
Appetitverlust, Mattigkeit und Schlaflosigkeit genannt. Wie bei anderen
Innenraum-Schadstoffen handelt es sich dabei aber um recht unspezifische Symptome,
für die eine Vielzahl von möglichen Ursachen denkbar sind.
Phenol sowie viele Kresole werden sehr schnell über die Haut aufgenommen. Beim
direkten Hautkontakt z.B. mit teerölhaltigen Holzschutzmitteln besteht daher
die Gefahr resorptiver Vergiftungen mit Nierenschäden und zentralnervösen
Störungen wie Krämpfen, Bewusstlosigkeit und Atemlähmung.
Luftanalytik: Die Analyse von Phenolen und Kresolen wird nach
DIN ISO 16000-6 durchgeführt. Die Probenahme erfolgt auf Sammelröhrchen, die mit
dem Adsorptionsmittel TENAX TA gefüllt sind. Diese Röhrchen werden in speziellen
Transportbehältern zusammen mit einer detaillierten Probenahmeanleitung von ALAB
bezogen. Die Röhrchen werden mit 2 Liter Luft bei einem Volumenstrom von ca. 100 ml/min
beladen. Die Analyse erfolgt nach thermischer Desorption gaschromatographisch
mit massenselektivem Detektor. Bestimmungsgrenze: 0,5 µg/m3
(bei einem Probenahmevolumen
von 2 Litern).
Materialanalytik: Materialproben werden zur Untersuchung auf Phenole und
Kresole in einem kleinen Prüfraum bei 60°C zwei Stunden lang im Reingasstrom
extrahiert. Der beladene Extraktionsgasstrom wird durch ein TENAX TA-Sammelröhrchen
geleitet. Der weitere Analysengang entspricht der Luftanalytik.
1Kirchner D., Pernak P.:
Phenole als Ursache für den Fehlgeruch in öffentlichen Gebäuden; Umweltmedizin
in Forschung und Praxis 9 (1) 13-19 (2004)
2Chemikalienverbots-Verordnung, Anhang Abschnitt 17: Teeröle;
Stand Juli 2003
© AGÖF / Verfasser: Peter Braun / ALAB / Internet:
www.alab-berlin.de
Stand: August 2016