Während anorganische Flammschutzmittel festgebunden im Material vorliegen, kann
der Einsatz organischer Flammschutzmittel zu erheblichen Kontaminationen in
Innenräumen führen. Beispielsweise können Tris(2-chlorethyl)phosphat (TCEP) und
Tris(monochlorpropyl)phosphat (TCPP) von behandelten Oberflächen in die Raumluft
und den Staub übergehen. Diese Substanzen finden Einsatz in PU-Schäumen,
Farbanstrichen und Tapeten. Sie können Reizwirkungen der Haut und Schleimhäute
hervorrufen. TCEP ist in Deutschland mittlerweile als krebserregend (K2)
eingestuft.1
Ein weiterer Phosphorsäureester, der in Innenräumen von Relevanz ist, ist
Tris(2-butoxyethyl)phosphat (TBEP). Diese Substanz wird z.B. in rutschhemmenden
Fußbodenpflegemitteln eingesetzt. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass chlorierte
Organophosphonate in Innenräumen ebenfalls eine relevante Rolle spielen
können.2
Phthalsäureanhydrid gehört zu den technisch wichtigsten aromatischen Verbindungen.
Es wird z.B. bei der Synthese von Alkydharzen, ungesättigten Polyesterharzen,
Lacken, Kunststoffen oder Phthalat-Weichmachern als Ausgangsprodukt verwendet.
Bei unsauberer Prozessführung kann es in den genannten Produkten als
Verunreinigung enthalten sein. Bei höheren Konzentrationen zeigt es Reizwirkung
auf Augen, Haut und Schleimhäute wobei die Gefahr der Sensibilisierung besteht,
weshalb es zu den relevanten Innenraumallergenen gehört.3
PCB sind durch die Funde in bayerischen Schulen wieder aktuell in die Diskussion
geraten. PCB wurden in Innenräumen insbesondere durch Fugendichtmassen, Lacke,
Farben und Kondensatoren eingebracht. Besondere verdächtig sind öffentlichen
Bauten der 60er und 70er Jahre. Es konnten jedoch auch relevante Konzentrationen
an PCB in Wohngebäuden (Plattenbauweise der alten Bundesländer) festgestellt
werden.4
Die Stoffgruppe der PCB besteht aus 209 unterschiedlichen Substanzen (Kongeneren),
die in der Praxis als technische Gemische unterschiedlichster PCB eingesetzt
werden. Die Toxizität der einzelnen Kongenere kann in Abhängigkeit von ihrem
Chlorierungsgrad und damit ihrer Flüchtigkeit und ihrer Struktur erheblich
differenzieren. Die schwerer flüchtigen PCB werden hauptsächlich über die Nahrung
aufgenommen und reichern sich im Fettgewebe an. Ihre biologischen Halbwertszeiten
liegen bei bis zu 28 Jahren. Höher chlorierte PCB sind vorwiegend für systemische
Effekte (Nervensystem, Immunsystem) verantwortlich.
Für die inhalative Aufnahme sind die leichter flüchtigen PCB relevanter. So ist bei
diesen leichter abbaubaren Kongeneren zwar mit einer geringeren Anreicherung im
Körper, aber möglicherweise mit einem verstärktem Auftreten von gentoxischen
Metaboliten zu rechnen. Ein besonderes Problem sind die planaren PCB, die in
unterschiedlichen Mengen in allen PCB-Gemischen vorkommen. Sie sind von der
toxischen Wirkung mit Dioxinen vergleichbar.5 Luftgrenzwerte wurden
bisher nur aus oralen Expositionsstudien abgeleitet, so dass eine Neubewertung
der PCB bei Exposition durch die Raumluft dringend erforderlich erscheint.
Seit der PCB-Verbotsverordnung (1989) ist in Deutschland das Inverkehrbringen von
Polychlorierten Biphenylen sowie von Zubereitungen mit einem Gehalt von mehr als
50 mg/kg PCB verboten. Eine aktuelle Übersicht über die PCB-Problematik findet sich
in der Broschüre PCB: Begrenzter Nutzen - grenzenloser Schaden.6 Die
orientierende Untersuchung von Innenräumen erfolgt über die Bestimmung der
Luftkonzentrationen von fünf Kongeneren, auf deren Basis die PCB-Verordnung
Empfehlungen für einen Handlungsbedarf in öffentlichen Gebäuden vorgibt. Aufgrund
ungenügenden und uneinheitlichen Studiendesigns sind bisher verfügbare Referenzwerte
zur PCB-Belastung im Blut kaum brauchbar. So können die niedrig chlorierten PCB
im Blut nur nachgewiesen werden, wenn bei der Probenahme der richtige Zeitpunkt
gewählt wird.7
1G. Ingerowski, A. Friedle und J. Thumulla: Chlorinated Ethyl and
Isopropyl Phosphoric Acid Triesters in the Indoor Environment -
An Inter-Laboratory Study, in: Indoor Air 2001 11: 145-149.
2T. Haumann: Chlorierte Organophosphonate als Weichmacher und
Flammschutzmittel, in: Umwelt, Gebäude amp; Gesundheit, Hrsg. Arbeitsgemeinschaft
ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF), Springe-Eldagsen 2001.
3M. Fischer u. F. Diel, Das Allergiker-gerechte Öko-Haus, in: Umwelt,
Gebäude amp; Gesundheit, Hrsg. Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute
(AGÖF), Springe-Eldagsen 2001.
4Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (Hrsg.), PCB in
Innenräumen, Eigenverlag, 1996
5M. Hassauer und F. Kalberlah, Polychlorierte Biphenyle, in:
Eikmann et. Al. (Hrsg.) Gefährdungsabschätzung von Umweltschadstoffen, Erich
Schmidt Verlag, Berlin 1999.
6 Verein für Umwelt- und Arbeitsschutz e.V. u. Bremer Umweltinstitut
e.V. (Hrsg): PCB: Begrenzter Nutzen - grenzenloser Schaden, Eigenverlag,
Bremen 1999.
7 Köster, Während einer Schulsanierung erhobene PCB-Blutwerte bei
Lehrern und Schülern - eine vergleichende Untersuchung, in: umwelt medizin
gesellschaft 14 4/2001.
© AGÖF / Verfasser: Jörg Thumulla / AnBUS /
Internet: www.anbus.de,
Stand: Juli 2003