• Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute - AGÖF

    Stellungnahme der AGÖF zur Richtlinie VDI 6202-3 - Asbest

    VDI-Richtlinie 6202-3 - Schadstoffbelastete bauliche und technische Anlagen, Asbest – Erkundung und Bewertung

  • Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute - AGÖF

    Veröffentlicht: endgültige Version des AGÖF-Leitfadens

    Hausstaubuntersuchungen auf chemische Parameter" (SVOC, Schwermetalle, POM)

AGÖF - das Innenraumkompetenzzentrum

Flammschutzmittel / Weichmacher


Phosphorsäureester

Foto FugendichtmasseWährend anorganische Flammschutzmittel festgebunden im Material vorliegen, kann der Einsatz organischer Flammschutzmittel zu erheblichen Kontaminationen in Innenräumen führen. Beispielsweise können Tris(2-chlorethyl)phosphat (TCEP) und Tris(monochlorpropyl)phosphat (TCPP) von behandelten Oberflächen in die Raumluft und den Staub übergehen. Diese Substanzen finden Einsatz in PU-Schäumen, Farbanstrichen und Tapeten. Sie können Reizwirkungen der Haut und Schleimhäute hervorrufen. TCEP ist in Deutschland mittlerweile als krebserregend (K2) eingestuft.1

Ein weiterer Phosphorsäureester, der in Innenräumen von Relevanz ist, ist Tris(2-butoxyethyl)phosphat (TBEP). Diese Substanz wird z.B. in rutschhemmenden Fußbodenpflegemitteln eingesetzt. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass chlorierte Organophosphonate in Innenräumen ebenfalls eine relevante Rolle spielen können.2

Phthalsäureanhydrid

Phthalsäureanhydrid gehört zu den technisch wichtigsten aromatischen Verbindungen. Es wird z.B. bei der Synthese von Alkydharzen, ungesättigten Polyesterharzen, Lacken, Kunststoffen oder Phthalat-Weichmachern als Ausgangsprodukt verwendet. Bei unsauberer Prozessführung kann es in den genannten Produkten als Verunreinigung enthalten sein. Bei höheren Konzentrationen zeigt es Reizwirkung auf Augen, Haut und Schleimhäute wobei die Gefahr der Sensibilisierung besteht, weshalb es zu den relevanten Innenraumallergenen gehört.3

Polychlorierte Biphenyle (PCB)

PCB sind durch die Funde in bayerischen Schulen wieder aktuell in die Diskussion geraten. PCB wurden in Innenräumen insbesondere durch Fugendichtmassen, Lacke, Farben und Kondensatoren eingebracht. Besondere verdächtig sind öffentlichen Bauten der 60er und 70er Jahre. Es konnten jedoch auch relevante Konzentrationen an PCB in Wohngebäuden (Plattenbauweise der alten Bundesländer) festgestellt werden.4

Die Stoffgruppe der PCB besteht aus 209 unterschiedlichen Substanzen (Kongeneren), die in der Praxis als technische Gemische unterschiedlichster PCB eingesetzt werden. Die Toxizität der einzelnen Kongenere kann in Abhängigkeit von ihrem Chlorierungsgrad und damit ihrer Flüchtigkeit und ihrer Struktur erheblich differenzieren. Die schwerer flüchtigen PCB werden hauptsächlich über die Nahrung aufgenommen und reichern sich im Fettgewebe an. Ihre biologischen Halbwertszeiten liegen bei bis zu 28 Jahren. Höher chlorierte PCB sind vorwiegend für systemische Effekte (Nervensystem, Immunsystem) verantwortlich.

Für die inhalative Aufnahme sind die leichter flüchtigen PCB relevanter. So ist bei diesen leichter abbaubaren Kongeneren zwar mit einer geringeren Anreicherung im Körper, aber möglicherweise mit einem verstärktem Auftreten von gentoxischen Metaboliten zu rechnen. Ein besonderes Problem sind die planaren PCB, die in unterschiedlichen Mengen in allen PCB-Gemischen vorkommen. Sie sind von der toxischen Wirkung mit Dioxinen vergleichbar.5 Luftgrenzwerte wurden bisher nur aus oralen Expositionsstudien abgeleitet, so dass eine Neubewertung der PCB bei Exposition durch die Raumluft dringend erforderlich erscheint.

Seit der PCB-Verbotsverordnung (1989) ist in Deutschland das Inverkehrbringen von Polychlorierten Biphenylen sowie von Zubereitungen mit einem Gehalt von mehr als 50 mg/kg PCB verboten. Eine aktuelle Übersicht über die PCB-Problematik findet sich in der Broschüre PCB: Begrenzter Nutzen - grenzenloser Schaden.6 Die orientierende Untersuchung von Innenräumen erfolgt über die Bestimmung der Luftkonzentrationen von fünf Kongeneren, auf deren Basis die PCB-Verordnung Empfehlungen für einen Handlungsbedarf in öffentlichen Gebäuden vorgibt. Aufgrund ungenügenden und uneinheitlichen Studiendesigns sind bisher verfügbare Referenzwerte zur PCB-Belastung im Blut kaum brauchbar. So können die niedrig chlorierten PCB im Blut nur nachgewiesen werden, wenn bei der Probenahme der richtige Zeitpunkt gewählt wird.7

Fussnoten:

1G. Ingerowski, A. Friedle und J. Thumulla: Chlorinated Ethyl and Isopropyl Phosphoric Acid Triesters in the Indoor Environment - An Inter-Laboratory Study, in: Indoor Air 2001 11: 145-149.
2T. Haumann: Chlorierte Organophosphonate als Weichmacher und Flammschutzmittel, in: Umwelt, Gebäude amp; Gesundheit, Hrsg. Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF), Springe-Eldagsen 2001.
3M. Fischer u. F. Diel, Das Allergiker-gerechte Öko-Haus, in: Umwelt, Gebäude amp; Gesundheit, Hrsg. Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF), Springe-Eldagsen 2001.
4Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (Hrsg.), PCB in Innenräumen, Eigenverlag, 1996
5M. Hassauer und F. Kalberlah, Polychlorierte Biphenyle, in: Eikmann et. Al. (Hrsg.) Gefährdungsabschätzung von Umweltschadstoffen, Erich Schmidt Verlag, Berlin 1999.
6 Verein für Umwelt- und Arbeitsschutz e.V. u. Bremer Umweltinstitut e.V. (Hrsg): PCB: Begrenzter Nutzen - grenzenloser Schaden, Eigenverlag, Bremen 1999.
7 Köster, Während einer Schulsanierung erhobene PCB-Blutwerte bei Lehrern und Schülern - eine vergleichende Untersuchung, in: umwelt medizin gesellschaft 14 4/2001.


© AGÖF / Verfasser: Jörg Thumulla / AnBUS / Internet: www.anbus.de,
Stand: Juli 2003