Schimmelpilzbelastungen in Gebäuden sind eines der häufigsten Umweltprobleme
in Innenräumen. Ursache von mikrobiellem Wachstum ist neben Feuchteschäden
durch Baumängel, unsachgemäß sanierte Wasserschäden und schlecht gewartete
Klimaanlagen immer häufiger der ungenügende Wärmedämmstandard von Altbauten
bei Verringerung des natürlichen Luftwechsels durch bauliche Veränderungen.
So werden beispielsweise häufig neue Fenster eingebaut, ohne die Dämmung der
Außenwände zu verbessern und einem erhöhten aktiven Lüftungsbedarf Rechnung
zu tragen.
Die Bezeichnung "Schimmelpilze" ist eine umgangssprachliche
Bezeichnung für Pilze ohne auffällige Fruchtkörper und ohne Ausbildung von
Sprosszellen. Typisches Kennzeichen für Schimmelpilze ist die Bildung von
Luftmyzelen, an denen die Sporen gebildet werden.
Im Zusammenhang mit erhöhter Schimmelpilzexposition durch hohe Konzentrationen
in der Umwelt oder durch kontaminierte Innenräume wird das Auftreten von
Allergien der Typen I, III und IV beschrieben. Als klinische Beschwerden der
Typ I - Allergien sind zu nennen: allergischer Schnupfen, Asthma Bronchiale,
allergische Konjunktivitis, Urticaria und Neurodermitis. Die selteneren Typ III
und Typ IV - Allergien werden insbesondere bei hoher inhalativer Belastung in
der Arbeitswelt beschrieben. Exogen-allergische Alveolitiden (EAA) meist als
Kombination beider Allergien sind bekannt als Farmerlunge, Vogelzüchterlunge
und Befeucherfieber. Sie äußern sich in Symptomen wie Fieber, Husten, Engegefühl
in der Brust, Atemnot, später durch Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit und häufig
Dispnoe durch Entwickung einer Lungenfibrose. Es ist aber nicht auszuschließen,
dass ein kleiner Teil der idiopathischen Lungenfibrosen durch nicht erkannte
EAA aufgrund einer unauffälligen konstanten Exposition im häuslichen Bereich
ausgelöst werden.
Typ IV - Reaktionen bei einer Langzeitexposition mit Schimmelpilzen werden als
Auslöser chronischer unspezifischer Befindlichkeitsstörungen und Krankheiten mit
unklarer Ätiologie wie des chronischen Müdigkeitssyndroms und der Fibromyalgie
diskutiert. Die Diagnose der Typ-IV - Sensibilisierung mittels
Lymphozyten-Transformationstest gibt häufig Erkenntnisse über die
Expositionssituation und korreliert gut mit den Ergebnissen
gebäudediagnostischer Untersuchungen.
Bestimmte Schimmelpilze, wie zum Beispiel Vertreter der Gattungen Stachybotrys,
Aspergillus., Penicillium, Trichoderma und Paecilomyces können Mykotoxine
produzieren. Diese können durch luftgetragene Sporen und andere Bestandteile
zu einer signifikanten Luftkontaminierung beitragen. In der Veterinärwissenschaft
sind Mykotoxinschäden bei Tieren wohl bekannt, und im Agrarbereich gibt es
diesbezüglich Schutzvorschriften und Angaben über maximal zulässige
Futtermittelkontaminierung durch Schimmelpilze.
Beim Menschen sind toxische Alveolitiden bei hoher beruflicher Exposition
häufiger als exogen-allergische Alveolitiden. Es gibt aber nur sehr wenige
Studien bezüglich der gesundheitlichen Risiken durch Inhalationsbelastungen in
Innenräumen, Wohnhäusern und Büros. In neueren klinisch-epidemiologischen
Untersuchungen und Fallbeschreibungen werden nun auch in diesem Umfeld Zeichen
einer inhalationsbedingten Intoxikation in Gebäuden mit Feuchteschäden
beschrieben.1
Da Schimmelbefall nicht immer sichtbar vorliegt, wird häufig auf
Luftuntersuchungen zurückgegriffen, um eine gegenüber der Außenluft erhöhte
Sporenkonzentration nachzuweisen oder auszuschließen. Der Nachweis durch
einfaches Aufstellen von Nähragarschalen ist jedoch nicht geeignet,
Belastungssituationen zuverlässig zu erkennen, da diese Methode häufig
falsch negative Ergebnisse liefert. Ein adäquater Nachweis nicht direkt
erkennbarer Belastungen erfordert vielmehr die Kombination mehrerer Methoden
mittels aktiver Probenahme durch den Sachkundigen vor Ort.2
Orientierungswerte zur Bewertung von Schimmelpilzbelastungen in Innenräumen
wurden von Senkpiel et al. veröffentlicht3 . Das Landesgesundheitsamt
Baden-Württemberg hat einen Qualitätszirkel für die analytische Qualitätssicherung
bei der Analytik biogener Innenraumschadstoffe eingerichtet. Hier wurde ein
umfangreiches Regelwerk für die Untersuchungsplanung erstellt, mit einer
Beschreibung der Nachweis- und Bewertungsverfahren aus baulicher und hygienischer
Sicht. Aufgrund der jahreszeitlich schwankenden Außenluftkonzentration an
Schimmelsporen können keine Richtwerte für die Gesamtkonzentration in der
Raumluft festgelegt werden. Deshalb werden hier mit Hilfe von Indikatororganismen
Hinweise auf innenraumhygienisch relevante Schimmelschäden definiert. Die
Anwendung der vorgeschlagenen Bewertungshilfen setzt jedoch ein hohes Maß an
Sachkenntnis voraus. 4/5
Der Berufsverband Deutscher Baubiologen e.V (VDB) und der Bundesverbandes Schimmelpilzsanierung
e.V. veranstalten jährlich in Kooperation mit dem Umweltbundesamt gemeinsame Schimmelpilztagungen, die
aktuellen Veranstaltungshinweise können hier eingesehen werden:
www.pilztagung.de.
Das Umweltbundesamt hat informative Veröffentlichungen mit praktischen Tips
für Endverbraucher herausgegeben, einen 28-seitigen Ratgeber:
"Ratgeber: Schimmel im Haus - Ursachen, Wirkungen, Abhilfe", Stand: Juli 2012,
sowie die Veröffentlichung:
"Kinder-Umwelt-Survey (KUS) 2003/06 - Sensibilisierungen gegenüber Innenraumschimmelpilzen",
aus der Schriftenreihe Umwelt & Gesundheit, Stand:05/2011 (103 Seiten).
Für das Fachpublikum veröffentlichte das Umweltbundesamt im Dezember 2017 den neuen "Leitfaden zur Vorbeugung,
Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden ("Schimmelleitfaden")". Mit ihm werden die
bisherigen Schimmelpilzleitfäden des UBA aus den Jahre 2002 und 2005 ersetzt, diese verlieren mit seinem Erscheinen ihre
Gültigkeit. Vorrangig richtet sich der Schimmelleitfaden an Sachverständigenbüros, Handwerksunternehmen, mikrobiologische
Labore und alle diejenigen, die Schimmel erkennen, bewerten und Sanierungskonzepte erarbeiten sollen. Sanierungsfirmen
finden wichtige Hinweise, werden für Detailausführungen aber auf die Empfehlungen der Verbände verwiesen. Der Leitfaden
bietet Hilfestellung auch für Wohnungsunternehmen und örtliche Behörden, die Schimmelsanierungen begleiten oder
überwachen und den Sanierungserfolg kontrollieren wollen. Schließlich werden auch betroffene Gebäudenutzer wertvolle
Hinweise finden. Die PFD-Version des Schimmelleitfadens steht als kostenloser Download auf der Homepage des UBA zur Verfügung:
www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/umwelteinfluesse-auf-den-menschen/schimmel/aktueller-uba-schimmelleitfaden.
Aus Anlass der Hochwasserkatastrophen der letzten Jahre hat das Umweltbundesamt eine separate Seite zu den Themen
"Hoch- und Niedrigwasser" zusammengestellt. Dort werden u.a. auch Fragen zu Schimmelbildung in gefluteten Räumen,
zur Reinigung der gefluteten Räume, der Vermeidung von Schimmelpilzbildung bis hin zur suche von fachkundigen Sanierungsfirmen beantwortet.
In 2004 wurde das Buch: "Schadstoffe in Wohnungen: Hygienische Bedeutung und rechtliche
Konsequenzen" 6, veröffentlicht von den Autoren Dr. Moriske/ Umweltbundesamt
und R. Beuermann/ Amtsrichter in Berlin. Das Buch ist gedacht als ein Leitfaden
für Bewohner, Wohnungsunternehmen, Bauplaner, Gutachter, Rechtsanwälte und
Richter, der vollständige Titel ist unten im Literaturverzeichnis zu finden.
1E. Johanning: Allergene und giftige Schimmelpilze in
Innenräumen, in: Ökologisches Bauen und Sanieren, Hrsg. Diel, F.;
Feist, W.; Krieg, H.-U. ; Linden, W., Verlag C.F. Müller Heidelberg
1998.
2I. Dill: Schimmelpilze in Innenräumen - Leistungsfähigkeit
der Nachweismethoden, in: Gebäudestandard 2000: Energie und
Raumluftqualität, AGÖF (Hrsg.), Springe Eldagsen 1998.
3K. Senkpiel, D. Sassenberg u. H. Ohgke, Die Bewertung von
feuchte- und schimmelpilzbelasteten Innenräumen anhand von
Orientierungswerten, Leitlinien und Empfehlungen, in: AGÖF 1999.
4Gabrio et. al. Qualitätszirkel: Analytische Qualitätssicherung
biogener Schadstoffe, in: Umwelt, Gebäude & Gesundheit, Hrsg.
Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF),
Springe 2001
5Dill, Beurteilung einer Schimmelpilzbelastung, Ergebnisse
der 6. Pilztagung des VDB e.V. in Zusammenarbeit mit dem
Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Hrsg. Berufsverband
Deutscher Baubiologen - VDB e.V., im Verlag des AnBUS e.V.,
ISBN 3-9808428-0-0.
6H.-J. Moriske, R. Beuermann: Schadstoffe in Wohnungen -
Hygienische Bedeutung und rechtliche Konsequenzen, Hrsg. gev, 2004,
ISBN 3937919082
© AGÖF / Verfasser: Jörg Thumulla / AnBUS /
Internet: www.anbus.de,
Stand: Januar 2017