• Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute - AGÖF

    Stellungnahme der AGÖF zur Richtlinie VDI 6202-3 - Asbest

    VDI-Richtlinie 6202-3 - Schadstoffbelastete bauliche und technische Anlagen, Asbest – Erkundung und Bewertung

  • Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute - AGÖF

    Veröffentlicht: endgültige Version des AGÖF-Leitfadens

    Hausstaubuntersuchungen auf chemische Parameter" (SVOC, Schwermetalle, POM)

AGÖF - das Innenraumkompetenzzentrum

Fertighausgeruch durch Chloranisole in der Raumluft älterer Fertighäuser: Ableitung eines Zielwertes für die Geruchsbeurteilung

 


Einleitung
Studie zu Vorkommen von Chloranisolen in der Raumluft
Strukturformel und Nomenklatur
Vorkommen und Innenraumquellen
Material und Methoden
Ergebnisse
Diskussion
ARGUK-Zielwert für Chloranisole in der Raumluft
Zusammenfassung
Literatur

Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von unserem Mitgliedsinstitut ARGUK-Umweltlabor in Oberursel zur Verfügung gestellt,
Autoren: Wigbert Maraun und Sonja Pfeil/ ARGUK-Umweltlabor GmbH und IfAU Institut für Angewandte Umweltforschung e.V., Peter Unger/ IfAU Institut für Angewandte Umweltforschung e.V.,
Stand September 2015, Korrespondenzautorin: Sonja Pfeil, Tel. 06171 – 71817, www.arguk.de.


Einleitung

Chloranisole sind Verbindungen, die bisher hauptsächlich als Verursacher des Korktons in Wein einer breiteren Öffentlichkeit bekannt waren. Werden sie in die Luft freigesetzt, machen sie sich durch einen schimmelig-muffigen Geruch bemerkbar. Dieser Geruch nach Chloranisolen wurde vom ARGUK-Umweltlabor erstmals im Jahr 2003 identifiziert und eindeutig mit dem teilweise intensiven Eigengeruch von Fertighäusern älterer Bauart in Verbindung gebracht. Dieser Geruch kann auch als schimmelig-muffig charakterisiert werden. Der typische "Fertighausgeruch" ist oftmals so penetrant, dass er in der Kleidung von Bewohnern haften bleibt und noch längere Zeit nach Verlassen des Gebäudes an der Person wahrnehmbar ist. Ein solcher unangenehmer Geruch kann von den Bewohnern und Besuchern dieser Objekte als Belastung empfunden werden und Unwohlsein auslösen, auch wenn eine toxikologisch basierte Gesundheitsgefährdung nicht gegeben ist. Oftmals nehmen die Bewohner den Geruch selbst gar nicht mehr wahr, da die entsprechenden Geruchsrezeptoren den Geruch "ausblenden". Durch die Ähnlichkeit des "Chloranisol-Geruchs" zum typischen Schimmelgeruch kann dazu eine Unsicherheit entstehen, ob nicht ein Schimmelpilzbefall des Gebäudes vorliegt - und dies kann zu Fehlanalysen führen. Die Beseitigung des Geruchs ist bei erhöhten Konzentrationen mit einfachen Renovierungsmaßnahmen nicht mehr möglich. Die Geruchsbelastung kann dann zu einem enormen Wertverlust des Objektes führen. Zur Klärung von Fragen nach Identität und Intensität des Geruchs ist die Analyse einer Raumluftprobe notwendig. Mit der nun folgenden Studie soll eine weitere Datengrundlage zur Bewertung von Analysenergebnissen geschaffen werden.

Für die erste Studie im Jahr 2003 wurden Raumluftproben auf ihren Gehalt an Chloranisolen analysiert und statistisch ausgewertet. Im Ergebnis ist damit eine erste Bewertungsgrundlage und Einstufungsmöglichkeiten für gemessene Konzentrationen geschaffen worden. Zudem wurde erkannt, dass ausschließlich ältere Fertighäuser betroffen sind und in Häusern anderer Bauart keine auffälligen Raumluftgehalte festgestellt werden können.

Die vorliegende überarbeitete Version vertieft diese Datengrundlage. Der Vergleich mit Häusern anderer Bauart entfällt in der aktuellen Fassung, da die Entstehung von Chloranisolen ganz überwiegend mit der Bauart "Holzständerkonstruktion" in Fertighäusern oder entsprechender Fertig-Bauteile in massiven Objekten verknüpft ist. Entsprechende Daten entnehmen Sie bitte der Studie aus dem Jahr 2003. Die vollständige Version der Studie kann hier eingesehen werden.

Strukturformel und Nomenklatur

Chloranisole bestehen aus einem Benzolring, an den eine Methoxi-Gruppe (-O-CH3) gebunden ist, und ein bis fünf Chloratomen, die die übrigen Wasserstoffatome des Benzolrings jeweils ersetzt haben. Abbildung 1 zeigt beispielhaft die Verbindung 2,4,6-Trichloranisol (2,4,6-TCA). Wichtige Chloranisole und ihre Abkürzungen sind im rechten Kasten aufgeführt.

Abbildung 1: Strukturformel 2,4,6-Trichloranisol
Wichtige Chloranisole und ihre Abkürzungen

2,4,6-Trichloranisol: TCA
2,3,6- Trichloranisol: 2,3,6-TCA
2,3,4- Trichloranisol: 2,3,4-TCA
2,3,4,6-Tetrachloranisol: TeCA
2,3,4,5,6-Pentachloranisol: PCA

Abbildung 1. 2,4,6-Trichloranisol

Als Hauptvertreter sind 2,4,6-Trichloranisol, im Folgenden abgekürzt als TCA, sowie 2,3,4,6-Tetrachloranisol, als TeCA abgekürzt, anzusehen.

 

Stoffeigenschaften

In Reinsubstanz sind Chloranisole bei Raumtemperatur fest, der Schmelzpunkt von TCA liegt bei 60°C, der Siedepunkt bei 240°C (Merck 1996). Chloranisole sind zum Teil sehr geruchsintensive Verbindungen, die zunächst als Hauptverursacher des Korktons in Wein indentifiziert wurden. Deshalb existieren bislang Literaturdaten zu Geruchsschwellen in Flüssigkeiten, aber keine für die Gasphase. Die Wahrnehmungsschwelle für Chloranisole ist stark vom Individuum abhängig (Amorim 2000) und kann durch Training etwa bis um den Faktor 100 gesenkt werden (Fischer und Fischer 1997). In Tabelle 1 sind einige Angaben zu Geruchsschwellen zusammengefasst.

Tabelle 1: Geruchsschwellen und Geruchsqualität von Chloranisolen in Flüssigkeit.

Verbindung Konzentration (ng/L) Geruchsqualität und -intensität Referenz
2,4,6-TCA 0,006   Illy (2003)
Trichloranisole: (TCA;
2,3,6-TCA; 2,3,4-TCA)
0,1 - 2 schimmelig, muffig, ultra-intensiv Benanou (2003)
2,4,6-TCA 5 (untrainierte Prüfer)   Fischer und Fischer (1997)
2,3,4,6-TeCA Das 100-fache von TCA muffig, intensiv Fischer und Fischer (1997)
PCA Das 100.000-fache von TCA muffig, mäßig intensiv Fischer und Fischer (1997)

Vorkommen und Innenraumquellen

Seit über 30 Jahren ist TCA als bedeutender Verursacher des Korkgeschmacks in Weinen bekannt. In 70-80% aller Fälle von mit Korkton behaftetem Wein wurden Konzentrationen über der Geruchsschwelle gefunden (Amorim 2000). Unser Labor hat bereits Anfang des Jahres 2000 Chloranisole auch in der Raumluft von Innenräumen nachgewiesen. In Innenräumen werden diese Stoffe nicht direkt eingesetzt, können aber aus Verbindungen wie Phenolen, Chlorphenolen oder Chlorbenzolen in Verbindung mit mikrobieller Aktivität entstehen. Schimmelpilze der Gattung Penicillium und Trichoderma oder Bakterien sind daran oft maßgeblich beteiligt.

Ein möglicher Reaktionsmechanismus ist dabei die Biomethylierung von Trichlorphenol. Der Abbau von Pentachlorphenol (PCP) durch eine Pseudomonas-Bakterienart wurde durch Watanabe (1973, nach Fiedler et al. 1996) beschrieben. Auch Trichoderma-Stämme sind bekannt, PCP abzubauen - insbesondere Trichoderma virgatum fördert die Methylierung von PCP zu Pentachloranisol. Andere Pilzarten können auch niedriger chlorierte Chlorphenole zu Chloranisolen methylieren (Fiedler et al. 1996, Galler 2011).Ein Feuchteschaden im klassischen Sinn ist bei der Bildung von Chloranisolen nicht gegeben, d.h. eine erhöhte Belastung der Raumluft mit feuchteschaden-bedingten Schimmelpilzsporen spielt hier keine Rolle.

Material und Methoden

Dem Schrifttum können nach wie vor keine Geruchsschwellen für Chloranisole in der Gasphase entnommen werden. Deshalb wurden bereits 2003 in unserem Labor experimentell für die geruchsintensivsten Verbindungen TCA und TeCA die Geruchsschwellen in einer ersten Annäherung bestimmt. Dazu wurden einige Chloranisol-Kristalle auf eine Porzellanschale im Laborraum ausgelegt, bis im ganzen Raum ein deutlich schimmelig-muffiger Geruch wahrnehmbar war. Nach Entfernen der Quelle wurde die Raumluft beprobt, und die Beprobung wurde an den Folgetagen wiederholt. Als Geruchsschwelle wurde der Zeitpunkt definiert, an dem von den Prüfern ein Geruch gerade eben noch wahrgenommen wurde.

Zur Bestimmung der Verteilung der Chloranisole in der Raumluft wurde für diese aktualisierte Studie ein Gesamtkollektiv von n = 300 Raumluftproben ausschließlich aus älteren Fertighäusern auf Chloranisole untersucht. Die Raumluftproben wurden in Privathaushalten nach Probenahme durch unsere Sachverständigen unter Bedingungen einer reduzierten Lüftung (worst case-Messungen) entnommen. Hintergrund der Untersuchungen waren in der Regel beabsichtigte Eigentumsübertragungen durch Kauf/Verkauf. Die beprobten Objekte stammten vor allem aus den Baujahren 1965 bis 1985, einige wenige reichten bis in das Baujahr 2002 (n = 6, entspricht 2%).

Die Zielstoffe wurden auf Polyurethanschaum (PUF) adsorbiert, mit Aceton desorbiert, aufkonzentriert, mittels SPE-Technik aufgereinigt, ein Aliquot mittels Kapillar-Gaschromatographie und Elektroneneinfang-Detektor bzw. Massenspektrometer (GC/ECD bzw. GC/MS) analysiert und der Gehalt der interessierenden Substanzen gegen interne und externe Standards quantitativ bestimmt. Aufgrund der zu erwartenden geringen Raumluftkonzentrationen muss die Bestimmungsgrenze des analytischen Verfahrens sehr niedrig sein, um eine zuverlässige Detektion im Bereich der Geruchsschwellen zu gewährleisten. Mit dem von uns angewandten Verfahren wird eine Bestimmungsgrenze von 0,3 ng/m³ realisiert.

Geruchsschwellen von TCA und TeCA

Die Bestimmung der Geruchsschwelle von TCA und TeCA in der Raumluft resultierte in einer Raumluft-Konzentration von etwa 2 ng/m³ für TCA und etwa 100 ng/m³ für TeCA.


Geruchswert Gw

Der Geruchswert eines Gemisches verschiedener Substanzen gibt an, ob die Mischung in der Raumluft geruchlich wahrgenommen werden kann. Bei einem Wert großer als 1 kann die Mischung gerochen werden, auch wenn Konzentrationen von Einzelverbindungen unterhalb der jeweiligen Geruchsschwelle liegen sollten. Berechnet wird der Geruchswert durch die Summierung der Quotienten aus vorhandener Raumluftkonzentration CRL und Geruchsschwelle G nach der Beziehung Gw = Summe (CRL/G). Bei dieser Vorgehensweise wird angenommen, dass sich die beurteilten Einzelgerüche in Bezug auf die menschliche Wahrnehmung additiv verhalten. Für chemisch ähnliche Substanzen kann diese Annahme als plausibel gelten.

Ergebnisse

Für die in der Raumluft erfassten Chloranisole wurden Häufigkeitsverteilungen und weitere statistische Kenngrößen bestimmt. Bei der Analyse wurden TCA, TeCA und PCA nachgewiesen, alle anderen Chloranisole waren oberhalb einer Bestimmungsgrenze von 0,3 ng/m³ in der Studie aus dem Jahr 2003 nicht nachweisbar. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Konzentrationen kleiner als die Bestimmungsgrenze BG wurden mit der Hälfte der BG in die Statistik einbezogen. In Diagramm 1 sind die Größenklassen-Verteilungen der Verbindungen dargestellt.

Tabelle 2: Vorkommen von Chloranisolen in der Raumluft von Fertighäusern, n = 300

Bezeichnung Spannweite Mittelwert Median / 50. Perzentil 90. Perzentil
TCA < 0,3 - 76 3,8 1,6 8,1
TeCA < 0,3 - 1500 95 37 240
PCA < 0,3 - 759 22 8,1 38
Geruchswert < 0,3 - 53 2,8 1,3 6,5

Konzentrationen in ng/m³, Geruchswert: Summe der Quotienten aus Raumluftkonzentration/Geruchsschwelle

Für TCA als den geruchsrelevantesten Vertreter der Chloranisole wird bei einer Messwertspanne von weniger als 0,3 ng/m³ bis 76 ng/m³ ein Mittelwert MW von 3,8 ng/m³ erhalten. Der Medianwert als 50. Perzentil (50% der Messwerte sind kleiner oder gleich) beträgt 1,6 ng/m³ und der 90. Perzentilwert liegt bei 8,1 ng/m³.

Der Geruchswert des Chloranisol-Gemisches reicht von kleiner 0,3 bis 53. Aus dem Medianwert von 1,3 leitet sich ab, dass für mehr als der Hälfte des Probenkollektivs der Geruchswert über 1 liegt und damit eine Geruchsbelastung durch Chloranisole gesteht. In 10% der beprobten Räume kann bei einem Geruchswert von 6,5 und mehr von einem intensiven Geruch gesprochen werden.


Diagramm: Groesssenverteilung-Chloranisole

Diagramm 1. Größenklassenverteilung der Chloranisol-Konzentrationen in der Raumluft älterer Fertighäuser. n = 300

Diagramm 2: Groesssenverteilung-TCA

Diagramm 2. Größenklassenverteilung der Konzentrationen an TCA in der Raumluft älterer Fertighäuser, n = 300.

Diagramm 3: Groesssenverteilung-TeCA

Diagramm 3. Größenklassenverteilung der Konzentrationen an TeCA in der Raumluft älterer Fertighäuser, n = 300.

Diagramm 4: Groesssenverteilung-PCA

Diagramm 4. Größenklassenverteilung der Konzentrationen an PCA in der Raumluft älterer Fertighäuser, n = 300.

Diagramm 5: Groesssenverteilung-Geruchswert

Diagramm 5. Größenklassenverteilung des Geruchswertes in der Raumluft älterer Fertighäuser, n = 300.

Diskussion

Bei der Betrachtung fällt zunächst auf, dass die untersuchten Chloranisole TCA, TeCA und PCA in stark unterschiedlichen Konzentrationsniveaus auftreten. Während die Konzentrationen von TeCA am höchsten sind, liegen für TCA deutlich niedrigere Raumluftgehalte vor. PCA wurde in nahezu allen Proben gefunden und bewegte sich im Vergleich zu den beiden anderen Verbindungen in einem mittleren Konzentrationsbereich.

Die untersuchten Chloranisole treten in der Innenraumluft oft in einem Gemisch von zwei oder drei Verbindungen auf. Ob das Gemisch nun geruchlich wahrgenommen werden kann oder nicht hängt dabei von den Raumluftkonzentrationen der Einzelstoffe, deren Geruchsschwellen sowie dem Geruchswert (Erklärung siehe oben) des Gemisches ab. TCA besitzt nach unserer Bestimmung mit 2 ng/m³ eine extrem niedrige Geruchsschwelle, die diese Verbindung als ultra-intensiv charakterisiert. Die Geruchsschwelle von TeCA ist nach unseren Ergebnissen mit ca. 100 ng/m³ etwa 50-fach höher und befindet sich damit in guter Übereinstimmung mit den Angaben von Fischer und Fischer (1997) für Weine mit Korkton. TeCA wurde aber in unserer Studie wie bereits erwähnt in der höchsten durchschnittlichen Konzentration nachgewiesen, und auch das 90. Perzentil liegt um etwa eine Größenordnung (Faktor 10) höher als die der beiden anderen Verbindungen. Damit ist der Quotient aus Geruchsschwelle und angetroffener mittlerer Konzentration ähnlich hoch wie bei TCA. In erster Näherung tragen TCA und TeCA mit Anteilen von ungefähr 2:1 zu dem dumpf-muffigen Geruchseindruck der Chloranisole bei. Pentachloranisol kann in diesem Zusammenhang aufgrund seiner im Vergleich zu TCA 100.000-fach höheren Geruchsschwelle bei den ermittelten Konzentrationen vernachlässigt werden (Tabelle 1).

Viele der hier untersuchten Fertighäuser zeichneten sich durch einen mehr oder minder deutlichen dumpf-schimmelig-muffigen Eigengeruch aus. Bei erhöhten Gehalten an Chloranisolen in Verbindung mit einem Geruchswert von mehr als 1 kommen diese als überwiegend alleinige Ursache in Frage. Als weitere Geruchsstoffe können noch gehäuft Chlornaphthaline oder aber nach unserer Erfahrung nur in einzelnen Fällen auch Belastungen mit Schimmelpilzsporen nach einem Feuchteschaden in Betracht zu ziehen sein. Diese Geruchsursachen sind jedoch nicht Gegenstand der hier geführten Diskussion und lassen sich von erfahrenen Geruchsprüfern oftmals schon vor Ort differenzieren.

In der Beratungspraxis stellt sich bei hochgradig geruchsbelasteten Fertighäusern oftmals Frage, ob eine Sanierung möglich ist. Um den Sinn bzw. Umfang einer solchen Sanierung beurteilen zu können, wäre die Prüfung erforderlich, welche Bauteile des Gebäudes hauptsächlich verantwortlich für die Abgabe der Geruchsstoffe sind. In Bezug auf die Chloranisole ist dabei nicht nur das Holzständerwerk des Außenwand-Aufbaues als Emittent beteiligt, sondern auch das der Innenwände. Eine Sanierung lediglich der Außenhülle in Verbindung mit dem Aufbringen eines Vollwärmeschutzes führt hier kaum zum gewünschten und nachhaltigen Erfolg. Ebenso wenig ist der Austausch des Dämmmaterials ohne Behandlung des Holzständerwerkes nachhaltig ausreichend. Bei sehr hohen Geruchsbelastungen mit Geruchswerten von mehr als 10 ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei einer Sanierung gründlich abzuwägen.

ARGUK-Zielwert für Chloranisole in der Raumluft

Nach den bisherigen Erkenntnissen stellen die Chloranisol-Gehalte in der Raumluft keine toxikologische Gefährdung dar, sondern eine sensorische Beeinträchtigung des Wohlbefindens. Durch Anhaftung der Chloranisole u.a. an der Kleidung der Hausbewohner kommt es aber auch zu einer geruchlichen Belästigung Dritter mit der möglichen Folge einer Kontaktvermeidung mit den Bewohnern derartiger Gebäude. Die Wirkung der Chloranisole kann daher als eine "soziale Toxizität" bezeichnet werden.

In Anlehnung an toxikologisch abgeleitete Innenraum-Richtwerte kann ein sensorisch begründeter Zielwert angesetzt werden. Damit eine Geruchsbelastung durch Chloranisole in einem Raum nicht besteht, muss der Geruchswert kleiner 1 sein.


Der ARGUK-Zielwert ZW für Chloranisole beträgt kleiner 1.
 

Dieser Zielwert hat strenggenommen für alle Räume mit einer längeren Aufenthaltsdauer der Gebäudenutzer zu gelten. Dabei ist zu beachten, dass in Bereichen wie im Flur dort aufbewahrte Kleidung durch den "Passivsammler-Effekt" bei längerer Einwirkdauer den dumpf-muffigen Geruch der Chloranisole auch bei einem Geruchswert unter 1 annehmen kann.

Zusammenfassung

Chloranisole sind geruchlich besonders auffällige Verbindungen, deren Eigengeruch als dumpf-schimmelig-muffig und lang anhaftend beschrieben werden kann. Seit unserer ersten Studie aus dem Jahr 2003 werden diese Verbindungen im Zusammenhang mit dem intensiven Geruch von Fertighäusern diskutiert. In der hier vorliegenden Studie auf Basis von dreihundert Messungen der Chloranisole in Fertighäusern wird das Vorkommen der Chloranisole in der Raumluft von Privathaushalten dargestellt. Ein Großteil dieser Häuser wies einen leicht bis intensiv schimmelig-muffigen Raumgeruch auf. Der Geruchseindruck von Chloranisolen wird dabei durch TCA und TeCA bestimmt. Zur Verminderung der Geruchsbelastung betroffener Fertighäuser sollten die hauptsächlichen Geruchsstoffe und deren Intensität identifiziert werden, um über Sanierungsmöglichkeiten entscheiden zu können.

Literaturnachweis

Amorim (2000) A background to TCA its sources, formation and prevention. Amorim Cork Australia Pty Ltd. http://www.amorimcork.com.au/2000background.htm, zuletzt besucht 18.09.2003

M. Binder, H. Obenland und W. Maraun: Chloranisole als Verursacher von schimmelähnlichem Geruch in älteren Fertighäusern. In: Umwelt, Gebäude & Gesundheit, Hrsg. Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF), Springe-Eldagsen 2004

Benanou D et al. (2003) Applikation Twister. Gerstel Aktuell 30 / März 2003 (ISSN 1618-5900), S. 11

Fiedler H, Hilpert M, Hub M, Hutzinger O (1996) Stoffbericht Pentachlorphenol (PCP). Texte und Berichte zur Altlastenbearbeitung 25/96, Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, Karlsruhe

Fischer C, Fischer U (1997) Analysis of cork taint in wine and cork material at olfactory subthreshold levels by solid phase microextraction. Journal of Agricultural and Food Chemistry, 45(6):1995-1997

Galler H (2011) Myzelbildende Pilze und Anisole in der Luft von Weinkellern, Diss. Medizinische Universität

Graz Illy E (2003) Von der Bohne zum Espresso. Spektrum der Wissenschaft Mai 2003: 82-87

Merck (1996) The Merck Index - Twelfth Edition. Budavari S, O´Neil MJ, Smith A, Heckelmann PE, Kinneary JF (Hrsg.). Merck Research Laboratories, Whitehouse Station, NJ

Watanabe I (1973) Isolation of pentachlorophenol decomposing bacteria from soil. Soil Sci. Plant Nutr. 19:109-116

© AGÖF / Verfasser: Autoren: Dr. Wigbert Maraun, Dipl.-Chem. und Sonja Pfeil, staatl. gepr. LM-Chem. / ARGUK-Umweltlabor GmbH und IfAU Institut für Angewandte Umweltforschung e.V., Peter Unger, stud. Ing. f. Umwelt- und Hygienetechnik/ IfAU Institut für Angewandte Umweltforschung e.V.,& Internet: www.arguk-umweltlabor.de,Stand: September 2015