Asbest ist die Sammelbezeichnung für eine Gruppe natürlich vorkommender
faserförmiger Silikate, die in vielen Teilen der Welt vorkommen. Wegen seiner
Eigenschaften (Unbrennbarkeit, Hitzebeständigkeit, Verglasung bei > 1.450 °C,
chemische Resistenz außer gegenüber Flusssäure, Beständigkeit gegenüber Fäulnis
und Korrosion, geringe elektrische Leitfähigkeit, Elastizität und Zugfestigkeit,
Adsorptions- und Isolierfähigkeit) wurde das Material in einer Vielzahl von
Produkten bis Anfang der 90er Jahre eingebaut.
Die Asbestarten werden eingeteilt nach ihrer chemischen und physikalischen
Eigenschaft in:
Amphibolasbest wird wegen seiner leichteren Zerreibbarkeit zu kleinsten,
kritischen Fasern gesundheitsgefährlicher als Serpentinasbest eingestuft.
Die Asbestprodukte werden unterschieden nach ihrer Art des Bindemittels:
Die Einatmung lungengängiger, mit dem Auge nicht sichtbarer Asbestfasern kann
schwere und unheilbare Erkrankungen auslösen. So können die Fasern zu
Vernarbungen des Lungengewebes (Asbestose), zu Bronchialkarzinomen oder zu
Mesotheliomen führen, die häufig erst 10- 40 Jahre nach der ersten Exposition
auftreten. Als gesundheitsgefährdend gelten Asbestfasern mit einer Länge > 5 µm,
einem Durchmesser < 3 µm und einem Verhältnis von Länge zu Dicke von
mindestens 3:1.
Als besonders kritisch sind die schwach gebundenen Asbestprodukte zu betrachten.
Sie können aufgrund der geringen Bindung bereits ohne äußere Einwirkungen
Asbestfasern in die Luft abgeben.
Weniger kritisch sind die festgebundenen Asbestzementprodukte, da normalerweise
von den oft glatten Oberflächen kaum Fasern freigesetzt werden. Kritisch wird es
hier bei fortgeschrittener Verwitterung, Bruch oder mechanischer Einwirkung.
Materialproben
Zur Feststellung von asbesthaltigen Materialien in Gebäuden werden Proben verdächtiger Produkte lichtmikroskopisch oder im REM- Verfahren untersucht und katalogisiert.
Staubproben
Bei Asbestfaserbelastungen im Gebäude erfolgen zur Abgrenzung des
Sanierungsbereiches Staubkontaktprobenahmen, die im Rasterelektronenmikroskop
(REM) ausgewertet werden.
Alle gefundenen asbesthaltigen Ereignisse (Einzelfasern, Faseragglomerate,
Faserbündel und partikelgebundene Fasern) werden gezählt. Die Anzahl der so
gezählten Ereignisse werden in Hamburg in fünf Klassen eingestuft:
0 = kein Asbest | keine Faser/ Ereignis gefunden auf 4 mm² |
1 = sehr wenig Asbest | 1 oder 2 Fasern/ Ereignisse gefunden auf 4 mm² (Spuren bzw. Zufallsfunde) |
2 = wenig Asbest | 3 bis 4 Fasern/ Ereignisse gefunden auf 4 mm² |
3 = deutlich Asbest | 5 bis 10 Fasern/ Ereignisse gefunden auf 4 mm² (regelmäßige Asbestfaserbelastung, erhebliche Belastung lt. Bauordnungsamt FHH) |
4 = viel Asbest | > 10 Fasern/ Ereignisse gefunden auf 4 mm² |
5 = sehr viel Asbest | auf fast jedem Bildfeld Asbestfasern gefunden bzw. viele Agglomerate/ Materialstücke |
Raumluftproben
Raumluftprobenahmen nach der VDI- Richtlinie 3492 geben Aufschluss über die
Belastung unter festgelegten Rahmenbedingungen. Sie sind außerdem für die Freigabe
von Sanierungsbereichen erforderlich.
Es gilt das Minimierungsgebot. Rechtlich bindend sind im Falle bekannter
Asbestvorkommen folgende Raumluftwerte:
Bewertung von asbesthaltigen Produkten in Gebäuden und Sanierung
Die Bewertung von asbesthaltigen Baustoffen erfolgt nach den Asbestrichtlinien
(Fassung Januar 1996), die in den Ländern nach § 3 der Bauordnung bauaufsichtlich
eingeführt wurden. Mit dem Formblatt "Bewertung der Dringlichkeit einer
Sanierung" der Asbestrichtlinien werden schwach gebundene Asbestprodukte
in 3 Kategorien (I: Sanierung unverzüglich erforderlich, II: Neubewertung
mittelfristig erforderlich, III: Neubewertung langfristig erforderlich) eingestuft.
Die Sanierung von schwach gebundenen Asbestprodukten wird nach den Technischen
Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 519 durchgeführt. Derartige Sanierungen dürfen
nach TRGS 519 Kap. 3.1 nur von zugelassenen, asbestsachkundigen
Unternehmen durchgeführt werden. Der bei den Sanierungsarbeiten erforderliche
Schutz richtet sich nach dem Umfang der Arbeiten.
Asbestzementprodukte unterliegen nicht den Einstufungskriterien der
Asbestrichtlinien. Bei intakter Oberfläche von AZ-Produkten besteht kein
dringender Sanierungsbedarf. Sie sollten jedoch langfristig ausgetauscht und
dürfen nicht wiederverwendet werden. Zur Vermeidung von Faserfreisetzungen
dürfen sie außerdem nicht bearbeitet (gefegt, gebohrt, geschnitten...) werden.
Eine Reinigung darf lediglich mit einem drucklosen Wasserstrahl erfolgen.
Beim Entfernen und Sanieren von Asbestzementprodukten sind die Technischen
Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 519) zu berücksichtigen.
Asbest ist ein krebserregender Gefahrstoff, daher sollte keine
Asbestfaserexposition in Innenräumen hingenommen werden.
Asbesthaltige Pappen in Haushaltsutensilien (z.B. Aschenbecher, Bügelbretter, Bügeleisen,
Toaster, Haartrockner, Dia- und Filmprojektoren...) wurden bis Anfang der 80 er Jahre eingesetzt. Sie
sollten nicht länger geduldet werden. Bei Verdacht auf Vorhandensein von
asbesthaltigen Einbauteilen können Herstellerfirmen, Verbraucherzentralen und
AGÖF-Institute Auskünfte geben.
Elektro-Speicherheizgeräte enthielten bis Ende der 70er Jahre asbesthaltige
Bauteile. In Räumen mit Geräten verschiedenster Fabrikate wurden zahlreiche
Raumluftuntersuchungen durchgeführt. Diese Messergebnisse besagen, dass in
Einzelfällen eine Kontamination der Raumluft mit Asbestfasern nicht
ausgeschlossen werden kann.
Ein sofortiger Austausch ist abhängig von der Art der eingebauten asbesthaltigen
Produkte. Falls schwach gebundene Asbestprodukte im Luftstrom liegen, ist eine
Sanierung unverzüglich erforderlich:
Im Interesse eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes wird empfohlen, alle
Nachtspeicheröfen mittelfristig zu ersetzen. Der Ausbau und die Entsorgung muss
von einem asbestsachkundigem Unternehmen durchgeführt werden. Wenn ein Zerlegen
des Elektrogerätes nicht erforderlich ist, muss es am Standort staubdicht
verpackt werden, bevor das Gerät bewegt wird. Auskünfte zu Asbestgehalt und
Sanierungsdringlichkeit von Nachtspeicheröfen erteilen die Gerätehersteller,
Energieversorgungsunternehmen, Verbraucherzentralen und AGÖF-Institute.
Speckstein kann Asbest enthalten. In mehreren Materialproben aus Hamburger
Schulen hat die Wartig
Nord GmbH Beraten Planen Begutachten eindeutig Chrysotil (Weißasbest)
nachgewiesen. In einem Werkraum einer Schule, in dem Specksteinarbeiten
stattfanden, wurden in Luftmessungen mit Nutzungssimulation durch Anblasen bis
zu 600 Fasern/m³ gemessen. Daraufhin wurde das Arbeiten mit Speckstein von der
Hamburger Schulbehörde aus Vorsorgegründen untersagt.
Kontaminationsermittlungen durch die Untersuchung von Liegestäuben in Kunst-
und Werkräumen zeigten teilweise eine - geringe - Kontamination der Stäube mit
Asbestfasern. Solche Schulen wurden einem gesonderten Reinigungsprogramm
unterzogen.
Die Prüfung von Specksteinen auf Asbest ist mit erheblichen analytischen
Schwierigkeiten verbunden. Für die Untersuchung von Specksteinen kann immer
nur ein Bruchteil des Steinmaterials untersucht werden. Ob ein Speckstein von
Asbestadern durchzogen wird, kann nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden.
Zertifikate können daher immer nur ausdrücken, dass ein Speckstein aus einer
bestimmten Lagerstätte mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit kein Asbest enthält.
Es ist also nicht vollständig auszuschließen, dass beim Bearbeiten von
Specksteinen Asbestfasern freigesetzt werden. Daher empfiehlt die AGÖF aus
Vorsorgegründen bis zur Vorlage weiterer Ergebnisse und Daten, Specksteine
nur im Freien zu bearbeiten oder Alternativmaterialien zum Formen und Gestalten
zu verwenden.
Viele Spachtelmassen und Fliesenkleber sind nach neueren Erkenntnissen auch bis
Mitte der 1990er Jahre zu einem geringeren Anteil (<0,1 % - 5%) asbesthaltig.
Hiervon sind ca. ein Viertel der vor 1995 errichteten Gebäude betroffen. Diese
bislang kaum beachteten Gefahrenquellen stellen ein Risiko bei Abbruch, Sanierung
und Instandsetzungsarbeiten dar. Bei Schleif- und Stemmarbeiten können erhebliche
Mengen Asbestfasern freigesetzt und mit der Raumluft unwissentlich eingeatmet werden.
Im Rahmen der normalen Raumnutzung kommt es durch asbesthaltige Spachtelmassen und
Fliesenkleber zu keinerlei Gefährdungen.
Das Thema Asbesthaltige Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber erfährt zurzeit sowohl in der
Fachwelt als auch zunehmend in der Öffentlichkeit eine erneute Brisanz. Die Ursache liegt in bislang
nicht beachteten Anwendungen bzw. immer mehr neuen Fundstellen von asbesthaltigen Bau- und Bauhilfsstoffen
(insbesondere in Spachtelungen, Strukturputzen und Fliesenklebern von Wand- und Deckenbekleidungen).
Aktuell werden beim Umgang mit den "neuen" Fundstellen die derzeit gültigen technischen Regelwerke zum
Umgang mit Asbest zum Teil rigide umgesetzt. Das führt in der Öffentlichkeit zu der Wahrnehmung, dass mit
den neuen Asbestfunden eine Erhöhung der Gefährdungseinschätzung einhergeht. Diese zieht für das
Immobilien- und Baugewerbe, für Handwerksbetriebe aber auch für Privathaushalte erhebliche Konsequenzen
nach sich und führt zu großen Verunsicherungen, wie mit dieser Thematik in der Praxis umzugehen ist.
Das Fehlen von klaren Leitlinien zur erforderlichen Untersuchung und Bewertung des Baubestands sowie Hinweise
zu deren fachgerechter Sanierung wurde auch in der Fachöffentlichkeit erkannt und angegangen.
Im Juni 2015 wurde von der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik in Zusammenarbeit mit dem Gesamtverband
Schadstoffsanierung ein Diskussionspapier zu Asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern veröffentlicht.
Das Papier "Asbesthaltige Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber in Gebäuden -
Diskussionspapier zu Erkundung, Bewertung und Sanierung" diente
einer frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung im Vorfeld der Erarbeitung einer VDI-Richtlinie. Hier kann die
PDF-Version heruntergeladen werden:
VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik.
Im Sommer 2016 wurde ein "Nationaler Asbestdialog" vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und vom
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) zum Thema "Asbest beim Bauen im Bestand"
durchgeführt. Eingeladen wurden Vertreterinnen und Vertreter der Spitzenorganisationen aller am Bauprozess
Beteiligten - von Bauherren und Wohnungswirtschaft über Sozialpartner und Behörden bis hin zu Sachverständigen
und Geräteherstellern. Gemeinsam mit den zuständigen Bundesressorts wurden in einem strukturierten, transparenten
und ergebnisoffenen Dialog nach Lösungen gesucht, wie künftig mit Asbest im Bestand umgegangen werden soll.
Informationen zum aktuellen Stand der Diskussionen sind hier zu finden:
www.asbestdialog.de.
Die AGÖF hat am Nationalem Asbestdialog teilgenommen und im Juni 2017 als Beitrag zur derzeitigen Diskussion das
Positionspapier "Einschätzung des Gefährdungspotentials durch asbesthaltige Spachtelungen sowie anderer
asbesthaltiger Bauteile und daraus zu ziehenden Konsequenzen - Positionierung der AGÖF" veröffentlicht. Ausgehend
von den langjährigen Praxiserfahrungen der Mitgliedsinstitute wird die Sichtweise des Verbandes zur Einschätzung
des Gefahrenpotentials beim Umgang mit asbesthaltigen Spachtelungen sowie anderer asbesthaltiger Bauteile dargestellt.
Abgeleitet aus den täglichen Erfahrungen beim Umgang mit Asbest werden Vorschläge zum praxisnahen Umgang mit diesem
Thema unterbreitet. Hier können Sie die PDF-Version des AGÖF Positionspapiers Asbest herunterladen.
© AGÖF / Verfasserin: Elke Bruns-Tober / Umwelt- und Gesundheitsinstitut /
Internet: www.schadstoffmessungen.de
Stand: August 2021