Heute wird noch oft der Fehler gemacht, Bitumen und Teer gleichzusetzen, obwohl
es grundverschiedene Stoffe sind. Teer wird durch Pyrolyse z.B. von Kohle hergestellt.
Dabei ist Pech die Bezeichnung für zähflüssige bis feste, teerartige bis
bituminöse schmelzbare Rückstände, die bei der Destillation organischer Materie
(Naturstoffe) oder von Stein - bzw. Braunkohlenteer zurückbleiben. Teer ist ein
flüssiges bis halbfestes, tiefschwarzes oder braunes Produkt, das bei der
trockenen Destillation von Steinkohle, Braunkohle und anderer fossiler
Brennstoffe entsteht und in erster Linie aus Kohlenwasserstoff-Gemischen
besteht.
Teer enthält u.a. große Mengen an PAK (z.B. Naphthalin, Benz-a-Pyren),
Phenolen und Kresolen, die als krebserregend gelten. Die Zusammensetzung der Teere ist je nach Herkunft
unterschiedlich. Die leichter flüchtigen PAK und die Phenole/Kresole dürften
hauptsächlich für den typischen Teergeruch verantwortlich sein.
Teerdachbahnen wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts hergestellt und waren vor
allem auf Häuser mit flachen Dächern eingesetzt. Aber bereits seit 1906 stand
Bitumen für Abdichtungszwecke zur Verfügung, die endgültige Wende erfolgte
Anfang der siebziger Jahre. Das für die Herstellung von Bitumen- und
Polymerbitumenbahnen verwendete Bitumen ist seitdem völlig frei von Teer und
Teerprodukten. Teerdachbahnen werden gar nicht mehr hergestellt.Der Einsatz von
Teer im Straßenbau wurde in den 1970er und 1980er Jahren verboten und ganz durch Asphalt ersetzt.
Bitumen sind die bei der schonenden Aufarbeitung von Erdölen gewonnenen
dunkelfarbigen, hochmolekularen Kohlenwasserstoffgemische und die in
Schwefelkohlenstoff löslichen Anteile der Naturasphalte, den natürlich
vorkommenden Gemischen aus Bitumen und Mineralstoffen. Sie sind komplexe
kolloide Systeme, die je nach Herkunft und Herstellungsverfahren aus
unterschiedlichen Mengen aliphatischer und aromatischer Kohlenwasserstoffe
bestehen. Für den Geruch von Bitumen sind hochsiedende, schwefelhaltige
Kohlenwasserstoffe verantwortlich, die auch in großer Verdünnung wahrgenommen
werden.
Bitumen wirkt wärmeisolierend und wird aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit
gegenüber Luft, Wasser und Chemikalien in vielen Anwendungsbereichen als
Abdichtungsmaterial verwendet. Der größte Teil wird als in einfachen
Verfahrensschritten hergestellter Destillationsbitumen im Straßenbau eingesetzt.
Bitumen-Heißklebemasse und Bitumenbahnen werden aus Oxidationsbitumen hergestellt,
der durch Einblasen von Luft entsteht. Durch Veredelung mit Polymeren entsteht
Polymerbitumen, aus dem Dachbahnen hergestellt werden. Im Baubereich findet
Bitumen Verwendung für folgende Produkte:
Früher wurde Bitumen auch zur Herstellung von Linoleumersatz (Stragula) verwendet.
Teerprodukte haben ein sehr hohes carcinogenes (krebserregendes) Potential und
sind nur unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen zu verarbeiten. In der Liste der
maximalen Arbeitsplatzkonzentration für Gefahrstoffe (MAK-Liste) steht es in
der Gruppe III A1, als krebserzeugend. Grund hierfür sind die im Teer
enthaltenen polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), von denen
einige krebserregend sind. Als Beispiel für PAK seien hier Naphthalin,
Benzo[a]pyren und Benz[a]anthracen genannt. Diese Verbindungen entstehen bei
unkontrollierten, unvollständigen Verbrennungen organischer Stoffe.
Bitumen (Dampf und Aerosol) sind in der MAK-und BAT-Werte-Liste 2001 als
hautresorptiv (wird durch die Haut aufgenommen) und krebserzeugend, Kategorie 2,
bewertet worden. Diese Bewertung bezieht sich lt. Begründung der MAK-Kommission
auf Dämpfe und Aerosole aus Bitumen bei der Heißverarbeitung. Es existiert ein
Grenzwert von 10 mg/m³ für Dämpfe und Aerosole aus Bitumen für die wesentlichen
Arbeiten mit Heißbitumen. Festes Bitumen im Straßenbelag, in Dachbahnen, in
Isolieranstrichen usw. wird nicht durch die Haut aufgenommen, bei den auf
Straßen und Dächern üblichen Temperaturen gibt es auch keine Emissionen aus
Bitumen. Dämpfe und Aerosole aus Bitumen sind von der Internationalen Krebsagentur (IARC) und
der deutschen MAK-Kommission in 2018 hinsichtlich ihrer krebserzeugenden Eigenschaften eingestuft worden:
http://www.asphalt.de/media/exe/137/794803395528bab028caaa0583ab30b7/bitumenkrebs.pdf. Hier sind weitere
Informationen der
BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft zu den Einstufungen zu finden.
Die Ablagerung von teerhaltigen Dachpappen auf oberirdischen Deponien
entspricht wegen ihres hohen Schadstoffpotentials nicht mehr dem Stand der
Technik. Das wurde von der EU bei der Novellierung des europäischen
Abfallkatalogs berücksichtigt und mit Inkrafttreten der
Abfallverzeichnisverordnung (AVV) am 01.01.2002 wurde diese Regelung in
deutsches Recht umgesetzt.
Die AVV enthält im Kapitel Bau-und Abbruchabfälle die Gruppe Bitumengemische,
Kohlenteer und teerhaltige Produkte und unterscheidet hierin wiederum in
drei Abfallarten:
Die mit einem * versehenen Abfälle sind besonders überwachungsbedürftig zur
Verwertung und Beseitigung. Teerhaltige Abfälle werden dem Abfallschlüssel
(AS) 17 03 03*, Kohlenteer und teerhaltige Produkte zugeordnet,
Bitumendachbahnen dagegen dem AS 17 03 02.
Bei der Entsorgung von teerpechhaltigen Materialien ist eine grobe Trennung
der einzelnen Fraktionen ist besonders wichtig, hierdurch können
Entsorgungskosten reduziert werden. Es ist davon auszugehen, dass Dachpappen,
die aus dem Abriss von älteren Gebäuden stammen, teerhaltig und damit besonders
überwachungsbedürftig sind. Bei Dachpappen aus Neubauten, z.B. Verschnitt,
ist davon auszugehen, dass diese teerfrei sind und damit nicht besonders
überwachungsbedürftig.
Teerhaltige Materialien sind meist schon am Geruch zu erkennen. Es gibt auch
Schnellerkennungsmethoden, wie zum Beispiel Farbindikatoren oder "Teerpistolen"
(TSE-Geräte). Im Zweifelsfall kann es bei der Entsorgung großerer Mengen von
Dachmaterialien nötig sein, eine Analyse auf PAK machen zu lassen.
© AGÖF / Verfasserin: Marlies Ante, E-Mail: info@agoef.de, Stand: August 2021